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Die Sprache der Elfen
Auszug aus "Dunkle Städte, lichte Wälder - Geheimnisse der Elfen"
Grillenzirp von Säuselwind - Elfenlyrik aus der Rohal-Zeit, Vorwort
der Vinsalter Hesinde-Ausgabe, 986 n.BF.:
"Wieviel Zauber liegt in der singenden, klingenden, schwingenden Stimme
eines Elfen. Fast scheint es, als ob er mit zwei Stimmen gleichzeitig spräche,
als ob die eine dieser Welt und die andere einer der lichtvollen Harmonien
entspringe."
"Die Besonderheiten des Isdira sind das Fehlen einer Grammatik und die
Feinheit der Lautmelodie. Beispielsweise kann das Wort 'var' gleichermassen
'Behüter', 'behüten' und 'behütet' bedeuten - also Haupt-,
Zeit- oder Eigenschaftswort sein.
Hinzu kommt, daß viele Laute, insbesondere die Vokale, für
ein Wort nicht direkt festgelegt sind. Der Elf benützt jene Laute,
die der Satzmelodie, seinem Stil, seiner und der Zuhörer Stimmung,
und der allgemeinen Lage am angemessensten sind.
Dementsprechend haben Elfen ein ungemein feines Gefühl für
Lautunterschiede. Die meisten Sprachlektionen zwischen einem Elfen und
einem Nichtelfen beginnen damit, daß der Elf - nach Meinung des Schülers
- ein Dutzend Mal das gleiche Wort wiederholt, während der darauf
besteht, daß er allein das 'a' in der mitte jedes Mal unterschiedlich
ausgesprochen hat. Bis heute kann ich, wenn man mir das Wort 'sala' sagt,
daraus nicht entnehmen, ob wir 'in Sicherheit', 'zuhause' oder 'auf dem
Versammlungsplatz' sind.
Alleine das Verdunkeln der Vokale und das langsame Hinzukommen eine[s]
tiefkehligen Knurrens macht ein zufriedenes 'fay' oder 'fae' aus, ein freundliches
'feya', ein grimmiges 'feyra' oder ein brüllendes 'feygra' - mit einem
Bedeutungswandel von 'ich', 'Freund', 'Feind' bis 'Unmensch'.
Als besonders geeignetes Lehrbeispiel erscheint mir das Elfenwort 'ama'
oder 'iama', das ich, in 42 verschiedenen Aussprachen, mit Garethi-Begriffen
wie Freund, Geliebter, Bruder, Lehrer, Geburtsinstrument, Gabe, Beziehung,
Natur, Fauna, Schicksal und Sinn übersetzen muß.
Wie die meisten Linguisten muß ich zugeben, daß ich auch
nach jahrzehntelangem Studium des Isdira dessen Tiefe noch immer nicht
annähernd ausgelotet habe."
Zauberkräfte der Natur, Tamara, Gerasim, ca. 370 v.H.:
"Elben sind grundsätzlich dagegen, Dinge zu benennen, wie wir
Menschen es tun, weil man diese Dinge damit ihrer Freiheit und ihrer Möglichkeiten
beraubt. Um überhaupt miteinander sprechen zu können, ist es
wichtig, den inneren Namen der Dinge zu kennen, mit dem sie sich in die
Weltenharmonie einfügen. Das ist der Grund, warum uns so viele Elbenwörter
als wahrer und echter als unsere eigenen Bezeichnungen erscheinen."
"Hinzu kommt der typische reiche Wortschatz aller Völker der Wildnis,
wenn es um deren Beschreibung geht. So erkennt der Elf natürlich in
seinem Lebensraum zahllose entscheidende Unterschiede, wo der Fremde undifferenziert
das gleicher Wort benützt.
Was wir Menschen unterschiedslos als 'Aulandschaft' bezeichnen, benennt
der Elf je nach Fruchtbarkeit, Bewuchs, Wasserverteilung, ja selbst Jahreszeit
und Tageszeit mit 'biunda' (besonders fruchtbares Flußgrasland),
'dene' (feuchte Niederung, eher baumlos), 'alwa' (Flußufer) oder
zwei Dutzend weiterer Begriffe.
Der Waldelf kennt mindestens sechzig Wörter, wo wir im Garethi
mit 'Wald', 'Forst' und 'Hain' sowie 'Wäldchen', 'Urwald' und ähnlichen
Ableitungen auskommen. Und für viele firnelfischen Worte für
'Schnee' müssen wir gar auf nivesisches und thorwalsches Vokabular
wie 'Neuschnee', 'Firn' oder 'Harsch' zurückgreifen, ohne dabei auch
nur annähernd die gleiche Präzision zu erreichen.
Ein Waldelf, dem du mitteilst, daß du neulich "im Wald eine besonders
schöne Glockenblume gesehen hast", fühlt sich genauso genasführt
wie ein Mittelreicher, dem du erzählst, daß du "in einer Stadt
einen besonders großen Menschen getroffen hast".
Beitrag der Halbelfe Filyina Calleano, Meisterharfnerin des Lieblichen
Feldes, zu einem "Wörterbuch des Elfischen", seit etwa 40 Jahren im
Hesinde-Tempel zu Kuslik in Vorbereitung:
"Erstaunlich wenige Wort[e] des Isdira haben ihren Weg ins Garethi
gefunden, etwa Tarnele für den Roten Löwenzahn, Feh für
das edelgraue Kauserhörnchen, Imme für die Stockbiene, oder Ikanarie
für den schönsten aventurischen Schmetterling.
Unweigerlich verlieren diese Ausdrücke dabei ihre Vieldeutigkeit.
Das eigentlich abfällige Wort taubra für die Magie der
Menschen wurde zu Zauberei, und die Allmacht zerza wurde einfach
als Gottheit verstanden. Häufig werden elfische Worte auch noch mit
den ulkigsten Teilbedeutungen übersetzt. Vor allem der Albernische
Dialekt, der ja gerade in der Lautbildung durchaus Verständnis für
das Isdira zeigt, hat sich da einige Seltsamkeiten geleistet. Ikanaria
beispielsweise ist eigentlich ein Überbegriff für 'hübsche
Seltsamkeiten, die man nur bei berauschtem Geiste sehen kann'.
Am Bekanntesten ist aber wohl ein Elfenwort geworden, das Bedeutungen
von 'struppig', 'Räude' bis zu 'Quälgeist' umfaßt - und
bei den Menschen prompt nur eins bezeichnet: den Goblin!"
Einige Kernbegriffe des Isdira:
fey, fae = Elf, ich
(i)ama = Freund, gut
-za, -ra = Verneinung, Gegner, Feind (je nach Schärfe)
mandra = Seelenkraft
taubra = (für Elfen unerklärliche) Zauberei
nurdra = Lebenskraft, Wachstum
zerza = Zerstörung, Vernichtung, Ende
dha, dao = Leib, Verkörperung, Sein, Seblstverständlichkeit;
Nordstern
bha = Verstand, rationelles Denken, Acht geben
sanya = Gruß, Einladung, Gast
la = (tiefer) Wald
dir = (lichter) Wald, Hain
sala = Heim, Sicherheit, Gemeinschaft
bian = (Elfen-)Haar, Gras
biundra = fruchtbares Grasland, Aue
dene = feuchte Niederung, Moor, Au
diundra = trochenes Grasland, Steppe, Tundra
aha, a(l)wa = Wasser, Bach, Fluß, Zeit
lir, lyr = Meer, Welle
sha = (strahlende) Sonne
mada = Mond
var, val = Hüter, Bewahrer
thar(a) = Waffe, Kämpfer
yar(a) = Bogen, Schütze
tala, telor = 'Rosenohr', Mensch
boroborinoi = 'Kleiner Bartmurmler', Zwerg
fialgra = 'Wildpelz', Ork
gobian, goblin = 'struppiges Rothaar', Goblin, Grobian
Einige typische Sätze des Isdira:
"Sanyasala, feyiama!" = "Ich heiße dich willkommen / verabschiede
Dich, (Elfen-)Freund!"
"Sanyaza, fey(g)ra!" = "Weiche zurück, Feind / Unhold!"
"Sanya bha, tala(r)!" = "Ich grüße Dich (mit Vorsicht),
Mensch!"
"Feydha Vindariel!" = "Ich (bin ein Elf und) heiße Vindariel."
"Taladha Alrik!" = "Ich bin ein friedlicher Mensch und) heiße
Alrik."
"Telordha Ragnar!" = "Ich heiße Ragnar (und wenn du weiter
so hochnäsig bist, gibt's eins drauf)."
"Nurd'dhao!" = "Gedeihen mit dir!" (Dankesformel)
"Eorla!" = "Es soll Recht sein!" (Rituelle Bekräftigung
einer Entscheidung)
"A'dao bhanda" = "Ich werde (darüber) nachdenken."
"A'dao valva iama ..." = "ADLER, WOLF UND HAMMERHAI: Ich verwandle
mich in mein Seelentier." / "Ich werde sterben.""Die Schrift des Isdira
ist ebenso eigentümlich wie die Sprache. Die 27 Schriftzeichen sind
kunstvolle Schnörkel und Schleifen, offensichtlich dazu gedacht, in
die gekrümmte Oberfläche von Ästen und Stämmen lebenden
Holzes geprägt zu werden. Es gibt drei Gruppen von Zeichen: erstens
die einzigen zehn Konsonanten, die das Isdira kennt, zweitens die elf grundsätzlichen
Selbst- und Zwilaute, und drittens sechs Lautfärbungen, die, mit den
Lautzeichen vielfach verschlungen und kombiniert, der Lautfülle des
Isdira gerecht werden.
Für den Laien ist geschriebenes Isdira meist nicht zu erkennen,
oft wird es einfach mit wunderschönen, verzierten Gravuren verwechselt.
Tatsächlich verbergen elfische Meister ihre Texte gerne zwischen rein
ornamentalen Spiralen, Schleifen und Kreisfiguren.
Die Schriftlichkeit der Elfenvölker scheint deutlich ausgeprägter
zu sein als die der Menschen. Zwar können die wenigsten Waldelfen
lesen und schreiben, die anderen Völker als direkte Nachkommen der
Hochelfen jedoch sehr wohl."
Schlüssel zur Magischen Verständigung, Erzmagus Asteratus
Deliberas, ca. 380 v.H.:
"Die Sprache der untergegangenen Hochelfen, das Asdharia, gilt schlichtweg
als die schwerste Sprache Aventuriens. Es ist fast unumgänglich, die
Sprache zweistimmig zu sprechen oder zu singen, wenn man die sinnreichen
und geheimnisvollen Harmonien des Asdharia bilden will. Selbst Weise, die
die Gewwaltige Sprache der Drachen oder die zungenzerfetzende Konsonantik
der Echsenmenschen erlernten, sind daran gescheitert.
Die Elfen dagegen geben das Alt-Elfische bis heute an ihre Nachkommen
weiter. Während bei uns höchstens Magieradepten oder Zwölfgötternovizen
ihre Hochsprache, das 'nur' einige Jahrhunderte alte Bosporano, erlenen,
wachsen Elfenkinder grundsätzlich mit ausreichenden Grundkenntnissen
des seit Jahrtausenden toten Asdharia auf, um die alten Zauberlieder singen
zu können. Zu einer echten Konversation im Alt-Elfischen sind aber
auch bei den Elfen nur weniger Gelehrte imstande."
© Schmidt Spiele
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