Schicksal
1.
Der Hypersprung
Langsam senkte sich der Deckel über Zaia's Körper. Durch
das Glas beobachtete sie den Mann im weißen Kittel und verfluchte sich in
Gedanken für ihre Dummheit. Mitgefühl war schon immer ihre größte Schwäche
gewesen.
Der Kittel hantierte an mehreren Schaltpulten und wandte sich dann ihr zu.
"So, ich wünsche Ihnen viel Spaß auf Terra 1." Mit spöttischen Augen wandte er
sich wieder seinen Schaltpulten zu. Ein anderen Mann kam mit einem
Infusionsgerät auf sie zu.
"Nein, keine Betäubung! Sie muss nüchtern bleiben." wehrte der Kittel ab.
"Aber die Schmerzen!" stotterte die Infusionsnadel.
"Wir haben Anweisungen, sie nüchtern zu transportieren, alles weitere geht uns
nichts an." Tat der Kittel den Einwand ab, obwohl ein Schmerzmittel durchaus
möglich gewesen wäre.
"Bereitet das Sprunggitter vor!" War seine nächste Anweisung.
"Ich hoffe, sie genießen die Reise!" sprach er, über Zaia gebeugt.
Seine Augen blitzten grausam und seine Grimasse war dämonisch.
Zaia blickte ihn kalt an. Sie hatte schon viel zuviel erlebt, um zu reagieren,
und sie kannte ihre Zukunft.
Der Eintritt in das Hypertor war wunderschön.
Bunte Lichter, Glanz und verwirrende Linien umnebelten ihre Sinne.
Doch sie wusste, das der Schein trog. Die Schmerzen würden noch kommen.
Viele wurden bei einem Hypersprung wahnsinnig. Nur eine Betäubung verhinderte
dies.
Die Schmerzen und die Gehirnströme würden so stark, das Gefäße im Körper platzen
konnten.
Gefährlich.
Zaia hatte das schon einmal überlebt und würde es auch diesmal überleben.
Dann kamen die Schmerzen.
Das erste, was ich bemerkte war die Wärme.
Warme Luft, warmer Boden!
Wunderbar.
Zu lange hatte ich in der Kälte des Eisplaneten Ruor gelebt.
Eine unwirkliche Welt, aber ein abgelegenes Versteck.
Leider war ich in eine Falle der Wächter getappt. Eine Gruppe von Vertriebenen
war mir im Sturm über den Weg gelaufen, und ich konnte sie doch nicht krepieren
lassen.
Mein Instinkt war von der Kälte wohl etwas abgelenkt. Kein Wunder, wenn einem
andauernd die Zähne klappern. Aber um die armen Leute zur retten, musste ich ein
Feuer machen, und das hat natürlich die Wächter auf mich aufmerksam gemacht. Und
um die ganze Sache noch schlimmer zu machen, waren die armen Vertriebenen auf
die Belohnung scharf. Das Einzige, was ich noch nicht herausgefunden habe ist,
woher die Wächter von meiner Anwesenheit auf Ruor erfahren hatten.
Niemand außer mir kannte meinen Weg.
Und nun haben sie mich doch erwischt, und mich hierher gebracht.
Terra 1, der Planet des Imperators!
Sein privater Spielplatz
2.
Terra 1
Abrupt setzte ich mich auf, der Sand stach.
Meine Physis würde noch eine Weile brauchen, um sich an das Klima anzupassen.
Zum Glück waren meine Augen nicht so langsam. Ich konnte schon die Bergkette am
Horizont entdecken.
Was ist das? Ein Summen ließ mich nach oben blicken. Über mir kreiste eine
Beobachtungssweeper. Diese grässlichen Dinger wird man auch nie los. Ich musste
die kleine Schmeißfliege erwischen, damit sie meine Position nicht mehr sendet,
außerdem würde sie mir helfen die Blockierung zu entfernen. Ich spürte den
Fremdkörper in meiner Haut, irgendwo im rechten Bein. Allerdings hatte ich keine
Lust, mir mein ganzes Bein aufzuschneiden um es zu suchen und zu entfernen.
Ich beobachtete weiter den Sweeper über mir und ignorierte die Umgebung, die
Hitze und die Strahlen der Sonnen. Jetzt, es korrigiert seine Sensoren. Mit
einem gewaltigen Sprung über drei Meter hoch packte ich dieses verflixte Teil.
Sofort ging der Alarm los. Naja, was soll's.
"Alarm, Alarm, C329X wurde angegriffen." Ich ignorierte den Hilferuf und öffnete
das Gehäuse des Sweepers und sah mehrere Sensoren. Ah da war ja auch der Sucher.
Ich riss ihn heraus und steckte ihn in meine Hosentasche. Der Rest ist Müll.
Plötzlich spürte ich eine Vibration! Mich umschauend erblickte ich hinter mir am
Horizont eine Staubwolke. Verdammt! Sie sind zu schnell. Acht nein Neun Jäger.
Fluchend wandte ich mich zurück und rannte los.
Die Jagd hatte begonnen.
Während ich rannte, beobachtete ich fieberhaft meine
Umgebung. Nichts als Sand, Unmengen Sand. Die Bergkette war noch zu weit
entfernt, als das ich sie hätte erreichen können. Schließlich konnte ich nicht
fliegen!
Als ich über die Schulter schaute, sah ich, das der Abstand sich schon halbierte
hatte. Nicht mehr lange und sie holen mich ein. Verdammt.
Ich hasse diese Jagd. Mein ganzes Leben waren sie schon
hinter mir her. Doch ich habe mir geschworen, alles zu versuchen, um zu
entkommen.
Was war das? Auf dem ebenen Boden vor mir, tauchte
plötzlich ein Riss auf.
Noch einhundert Meter und meine Chancen stiegen schlagartig in die Höhe.
Als ich den Riss erreichte und hinabsprang dachte ich, hoffentlich ist es nicht
so tief.
Nach vier Metern prallte ich auf den Boden auf. Mein gestählter Körper war
darauf trainiert, und ich rannte einfach weiter. Der Riss schien in Richtung der
Berge zu weisen. Hoffentlich.
Aber was war das?
Plötzlich hatte ich das Gefühl beobachtet zu werden!
Am Rande der Bergkette, hinter einem Felsvorsprung
kauerten zwei Männer. Der eine war ein Riese dem man lieber nicht allein
begegnen wollte, der andere war ein Jüngling, vielleicht 15 Jahre alt. Beide
beobachteten die Ebene und Zaia.
Sie hatten schon ihre Ankunft beobachtet, doch waren sie vorsichtig, wie sie es
überall waren. Schon zu lange lebten sie hier als Abtrünnige auf Terra1. Zwar
wurden sie nicht mehr oft gejagt, die Aufseher hatten sich mit ihnen abgefunden,
doch manchmal stellten sie ihnen noch hinterhältige Fallen. Dies könnte wieder
so eine sein.
Cam, der Junge, runzelte nachdenklich die Stirn.
"Neun Jäger für eine Frau! Also wenn das eine Falle sein soll, dann will ich
nicht wissen, was sie machen, wenn eine Großjagd ansteht. Sie ist schnell, nicht
wahr?" fragend blickte er Born an. Dieser antwortete brummend:
"Wir werden sehen. Wenn sie die Spalte nutzt können wir uns ja mal mit ihr
beschäftigen. Auf der Ebene hat sie keine Chance und WIR werden sie dann ganz
bestimmt nicht retten." Mit seinen scharfen Augen konnte er die schlanke Gestalt
von Zaia gerade in dem großen Riss auf der Ebene verschwinden sehen.
Fluchend sprang er auf:
"Los komm, ehe sie den Jägern unsere Gänge zeigt!" Grinsend sprang Cam auf. Er
wusste, dass Born unter seiner rauen Schale ein weiches Herz hatte. Doch hatte
er auch Recht. Sie konnten es nicht zulassen, das die Frau den Jägern ihre
Geheimnisse offenbarte, über die sie sehr leicht stolpern konnte da unten. Der
Riss war einer ihrer größten Vorteile gegenüber den Aufsehern. Durch ihn konnte
man die Ebene durchqueren ohne die Sensoren auf sich aufmerksam zu machen.
Beide sprangen auf ihre schweren Maschinen. Gleit-Jets aus Schrott und geklauten
Elektronikteilen zusammen gesetzt. Ein Leben für eine solche Maschine, sagte
sein Ziehvater immer, wenn er ihn ermahnte vorsichtig zu sein.
Mit donnernden Getöse preschten ihre Jets auf denn verborgenen Anfang des Risses
zu. Sie mussten sich beeilen.
Fluchend rannte Zaia durch den engen Gang, gerade mal
breit genug für drei Menschen nebeneinander. Wenn man allerdings in hohen Tempo
durchlief, machten einen die scharfen Kurven ganz schön zu schaffen. Ein paarmal
wäre sie beinahe hängen geblieben.
Mit ihren anderen Sinnen sondierte sie die Gegend, wer beobachtete sie? Kein
Sensor zu sehen!
Doch halt! Was war das? Ein leichtes Vibrieren der Erde ließ sie noch wachsamer
werden.
Das Beben wurde stärker! Auch ihre Verfolger müssten es jetzt schon bemerkt
haben!
Einige Sekunden später tauchte hinter einer besonders scharfen Kurve ein etwas
geraderes Stück auf. An dessen Ende schoss plötzlich eine Maschine hervor, auf
ihr saß ein Bär von einem Mann. Zaia blickte zurück, noch nichts zusehen von den
Jägern. Die schwere Maschine bremste ab und kam knapp vor ihr zu stehen.
"Nun spring schon auf, Mädchen! Oder willst du erlegt werden?" brummte der Bär
sie an. Ich blickte ihm kurz in die Augen und sprang hinter ihm auf die
Maschine. Kaum saß ich fest, wendete der Mann und preschte in die Richtung
zurück aus der er gekommen war.
Die Rettung? Ich hoffte es! Ich brauchte Zeit um mich an das Klima anzupassen
und meine Fähigkeiten zu optimieren und das verdammte Teil aus meinem Bein zu
holen.
Sie donnerten durch den schmalen Gang und mehrmals tauchte
vor ihnen eine scharfe Kante auf, die der bärtige Riese elegant umfuhr. Diese
Sicherheit im Riss ließ darauf schließen, dass er die Strecke öfters fuhr. Waren
das Abtrünnige, die nicht mehr von dieser Welt wegkamen? Wenn ja! Dann kann ich
vielleicht eine Weile bei ihnen bleiben und Informationen sammeln. Wenn nein!
Nun ich hatte schon andere Dinge gemeistert. Seine Augen waren nicht
hinterhältig und seine Gedanken nur besorgt, dass sie entkommen. Abwarten, immer
schön abwarten!
Ich konnte die Verfolger noch hinter uns spüren, obwohl der
Abstand größer geworden war. Plötzlich bog mein Fahrer in einen noch kleineren
Seitengang ab und pfiff zweimal. Kurz hinter uns kam ein Steinwand herunter und
ich bemerkte über uns noch eine dritte Person. Es schien ein Junge zu sein, der
kurz darauf heruntersprang und an uns vorbeilief. Etwas weiter hinten stand noch
eine Maschine auf die er aufsprang. Der Bär hatte in der Zwischenzeit seine
Maschine abgestellt und wies mich an abzusteigen. Dann wendete er die Maschine
auf eine Wand seitwärts zu, in der ich nun einen schmalen Riss bemerkte. Die
Maschinen gingen genau durch. So leise wie möglich folgten wir dem schmalen Riss
der uns auf die andere Seite der Felsenwand brachte, es schien ein zweiter Gang
zu sein, etwas schmaler als der Hauptgang, aber breit genug. Plötzlich hörten
wir das donnern unserer Verfolger, die in diesem Augenblick wohl an unserem
Abzweig vorbeifuhren. Der Junge grinste mich an und sagte:
„Jetzt müssten wir sie abgehängt haben! Hi ich bin Cameron,
du kannst Cam sagen. Und der da ist Born, das er kaum redet ist normal.“
Der große Mann versetzte dem Jungen einen Stoss und beide
schoben ihre Maschinen in Richtung der Berge. Sie würden wohl noch eine schieben
müssen, um die Jäger nicht aus sich aufmerksam zu machen.
„Wie heißt du denn? Und warum waren gleich neun Jäger
hinter dir her, normalerweise sind es nur drei oder vier!“ fragte mich der Junge
während ich neben ihm herlief.
„Keine Ahnung! Ich bin noch nicht hier gewesen!“ antwortete ich. Es war ja keine
Lüge.
Er blickte mich nur zweifelnd an. Auch das noch, wenn sie
zu viele Fragen stellten, musste ich mir so schnell wie möglich ein neues
Versteck suchen. Aber ich musste ihn auch verstehen, schließlich war es wirklich
seltsam. Ich vermutete, dass irgendetwas beim Hypersprung schief gegangen ist,
denn eigentlich sollte ich doch in der Festung landen, Oder? Wahrscheinlich
waren die Jäger deshalb so schnell hinter mir her, um den Fehler wieder
gutzumachen. Er würde mir doch kaum ein Chance zur Flucht geben, nach allem was
bisher geschehen war?
Irgendwann starte Born seinen Motor und der Junge tat es
ihm nach! Cam forderte mich auf, zu ihm auf die Maschine zu steigen und dann
fuhren wir los, etwas langsamer als am Anfang, doch schnell genug um vorwärts zu
kommen. Die Luft veränderte sich, was daraufhin deutete, dass wir uns den Bergen
näherten. Von Zeit zu Zeit hielten wir an, schalteten die Motoren aus und
lauschten. Ich hätte ihnen sagen können, dass das unnötig sei, aber das hätte
sie nur noch vorsichtiger und neugieriger gemacht. Unserer Verfolger waren schon
eine Weile nicht mehr in der Reichweite meiner Sinne.
3.
Das Lager
Irgendwann, als die Dämmerung schon einbrach erreichten
wir die Berge und kurze Zeit später unser Ziel. Ein kleines verstecktes Tal
unter einem Vorsprung, etwas weiter im Inneren der Berge. Ein gutes Versteck,
ich bemerkte die beiden Wachposten an den oberen Rändern. Sie hatten bestimmt
einen guten Ausblick.
Es gab keine Hütten, nur einige kleine Höhlen aus der ich
einige Menschen und andere Wesen kommen sah. Wir fuhren bis zu einer Höhle, die
etwas abseits lag und vor der ein etwas älterer Mensch saß. Er stand auf als
sich näherten und rief Born zu:
„Wenn bringst du denn da mit, du weißt doch, dass das Lager schon überfüllt ist.
Wir können nicht noch jemanden durchfüttern und es sind jetzt schon zu wenig
Jäger!“ Born antwortete brummend:
„Sie kann für sich selbst sorgen, sie ist schnell und außerdem waren neun Jäger
hinter ihr her. Ich dachte vielleicht interessiert dich das.“ Born blickte den
Älteren abwartend an, der sich nach dieser Antwort an Zaia wandte und sie
fragte:
„Wie ist dein Name und warum waren sie hinter dir her? Du siehst nicht aus wie
eine Beute!“ Sekundenlang blickte ich ihm in die Augen und überlegte mir eine
Antwort die er glauben konnte:
„Ich vermute, das der Transport schiefgegangen ist. Eigentlich sollte ich in der
Festung landen!“ entschied ich mich für die Wahrheit. Erstaunt blickte er meinen
Körper an.
„Also als Sklavin bist du nicht schön genug! Was ist an dir so interessant!“ Na
vielen Dank auch, aber jetzt war nicht Zeit für die ganze Wahrheit!
„Ich war Mitglied einer Rebellenvereinigung auf Ruor, dem Eisplaneten.
Irgendwann haben sie mich geschnappt und wollten mich zum Imperator bringen!“
Der Ältere blickte noch erstaunter.
„Zum Schahi? Normalerweise werden Rebellen sofort liquidiert oder auf die
Arbeiterplaneten gebracht! Wie lange habt ihr denn gegen das Imperium
gearbeitet?“ Er wollte auf irgendetwas hinaus!
„Zwei Jahre lang haben wir den Erzabbau und die Ölförderung auf Ruor behindert.
Ich glaube der Imperator war etwas sauer, weil die Einheiten auf Ruor uns nicht
fangen konnten. Er hatte dann eine Spezial-Einheit hingeschickt, die alle außer
mir erwischt haben. Ich weiß nicht, was aus ihnen geworden ist, aber ich habe
mich in den Eishöhlen versteckt gehalten, bis ich in eine Falle geraten bin.“
Das war die Wahrheit, wenn auch nicht die Ganze.
Er flüsterte Cam etwas zu, woraufhin der losrannte und in
einer der näher gelegenen Höhlen verschwand.
„Ich glaube ich kann dir sagen, was aus ihnen geworden ist“ meinte er dann zu
mir gewandt.
Ich stutzte, soll das heißen, dass einer meiner Leute hier
war? Ich hoffte es, dann konnte ich wenigstens einem vertrauen und meine Chancen
mich hier auszuruhen würden gewaltig ansteigen. Den Gedanken, hier auf dem
Planeten Imperators, Terra 1 ein neues Netz aufzubauen, verschob ich, es war
einfach zu riskant. Ich muss diese Welt so schnell wie möglich verlassen!
Nach ein paar Minuten kam Cam wieder aus der Höhle und ich
traute meinen Augen kaum, als ich sah, wer ihm folgte. Ward lebte! Er kam
langsam auf mich zu und schaute mich an, nicht ein Muskel bewegte sich in seinem
Gesicht. Auch ich hielt mich zurück. Plötzlich kam seine Faust mit voller Wucht
auf mein Gesicht zu und erst im letzten Moment konnte ich sie abfangen. Es war
ein Test und ich bestand ihn. Eine Weile standen wir so da, dann lagen wir uns
in den Armen. Er war mein bester Adjutant gewesen. Hoffnung keimte in mir auf.
Nach ein paar Schulterklopfern lösten wir uns voneinander und grinsten uns an.
Ich sagte zu ihm:
„Ich sah dich in den Eisspalt fallen und dachte das war‘s!“ Er grinste mich nur
an und antwortete:
„Naja ich steckte da drin fest und sie hatten ganz schön Mühe mich wieder
rauszuziehen. Dann wurden wir einzeln verhört und irgendwann bin ich dann auf
diesem Scheiß-Planeten gelandet.“ Ich hakte nach:
„Wir? Ist noch jemand von uns hier?“ er schüttelte bedauernd den Kopf.
„Nein! Ich habe die anderen nicht mehr gesehen, seit wir gefangen genommen
wurden. Allerdings wusste ich, das du entkommen konntest, weil sie dauernd nach
dir gefragt haben. Wie hast du das nur geschafft?“
„Frag lieber nicht! Es war die Hölle.“
Der Alte räusperte sich und wir wandten uns ihm zu.
„Du kannst also für sie bürgen Ward? Wir können ihr vertrauen?“ lachend schaute
Ward ihn an.
„Das kannst du, Neo. Ihre Sache ist auch unsere Sache. Ich würde ihr mein Leben
anvertrauen!“ Zweifelnd blickte der mit Neo angesprochene ihn an.
„Ich weiß nicht, sie könnten sie auch einer Gehirnwäsche unterzogen haben.“ Ward
blickte ernst.
„Ich sage dir Neo, du kannst ihr absolut vertrauen! Ohne sie wäre ich sicherlich
schon tot!“ sagte er.
„Wir werden uns beraten und uns dann entscheiden, ob sie bleiben darf“ sagte Neo
und wandte sich ab.
Ward blickte ihm wütend nach:
„Ich werde nochmal mit ihm reden“ sprach er zu mir.
„Lass ihn, ich habe ein dringenderes Problem!“ meinte ich. Besorgt schaute er
mich an, und auch Born und Cam blickten neugierig zu uns.
„Ich brauche mal dein Messer“ sagte ich und er gab es mir.
Ich setzte mich auf den Stein hinter mir. Dann zog ich den
Sucher aus meiner Tasche und öffnete seine Hülle. Einige Drähte quollen mir
entgegen und ich zog einen davon heraus und steckte ihn um. Dann schaltete ich
ihn ein. Ein leises piepsen erklang und Cam fragte mich:
„Was ist das?“ er beugte sich zu mir herunter und versperrte mir die Sicht. Ward
zog ihn fort und erklärte.
„Das ist ein Sucher. Er ortet Objekte, die irgendwie nicht in die Umgebung
passen.“ Während Ward das sagte fuhr ich mit dem Gerät über mein rechtes Bein.
Es kribbelte ganz schön und ich spürte wie der Blockierer unter meiner Haut
reagierte. Als ich mit dem Sucher genau über ihn war, bohrte sich das
eingepflanzte Gerät in meine Haut und ich konnte die Stelle sehen. Schnell
setzte ich das Messer an und machte einen kleinen Schnitt. Ein flachgedrückter
Zylinder sprang mir in die Hand.
„Und was ist das jetzt?“ fragte Cam und wollte den Zylinder aus meiner Hand
nehmen. Schnell zog ich die Hand weg und erklärte:
„Das ist ein Blockierer. Ein Gerät mit dem Hypersprünge verhindert werden. Es
aktiviert sich nach einem Sprung und wenn man dann noch einmal springen will,
stört es das Tor und man sitzt fest. Es ist auf mein Blut geeicht und würde
sofort ein Signal aussenden, wenn ich es aus der Hand gebe.“ Ich blickte auf
mein Bein, gab Ward sein Messer zurück und drückte auf die Wunde, damit sie
aufhört zu bluten. Plötzlich erschien ein Streifen Stoff vor meinem Gesicht,
ich blickte auf und erkannte Born der es mir reichte. Ich steckte den Blockierer
in meinen Gürtel und verband die Wunde, sie hatte schon zu bluten nachgelassen.
„Und was willst du damit machen?“ fragt mich Card neugierig.
„Gar nichts! Solange ich ihn nicht aus der Hand gebe passiert auch nichts!“
entgegnete ich.
Dann blickte ich Ward an.
„Erzähl mir was über das Lager!“ er wand sich unter meinem
Blick und meinte:
„Vielleicht sollten wir auf Neo warten!“ ich blickte ihn erstaunt an.
„Naja, ich gehöre jetzt in dieses Lager und muss seine Entscheidungen
akzeptieren.“ Erklärte er weiter.
„Ok! Ich warte da oben.“ antwortete ich und zeigte auf den Felsüberhang über
uns. Dann ging ich auf den Pfad, der ein Stück weiter hinten begann.
Ich spürte wie die drei mir nachblickten, aber ich musste
sowieso etwas allein sein. Ich spürte, wie mein Körper anfing, sich an das Klima
zu gewöhnen. Als ich oben auf dem Felsen ankam, suchte ich mir eine Stelle etwas
weiter von dem Wachposten entfernt, wo ich alles gut überblicken konnte. Mein
Haut dunkelte schon nach, in ein paar Stunden würde sie einen dunklen Bronzeton
angenommen haben, so dass ich mich kaum noch von den Felsen unterscheiden würde.
Auch war mir nicht mehr ganz so heiß und ich fühlte wie meine Muskeln sich
strafften. Der Hypersprung hatte doch mehr Schaden angerichtet als ich gedacht
hatte. Wahrscheinlich hatte das Gerenne sein übriges getan. Normalerweise
brauchte mein Körper nur zwei bis drei Stunden, um sich an die Umgebung
anzupassen, aber jetzt waren schon fünf vergangen. Aber ich war zu perfekt an
Ruor angepasst gewesen. Ich hätte in der Eiswüste sogar ohne Eiskleidung
überleben können!
Sinnend blickte ich über die Berge. Am südlichen Ende
konnte ich einen Turm erblicken. Schnell wandte ich mich nach Norden und suchte,
wenn im Süden ein Überwachungsturm war, gab es sicherlich auch welche in den
anderen Richtungen. Und wirklich, nach einer Weile konnte ich zwei weitere Türme
erkennen. Über einem schwebte ein Gleiter, kaum erkennbar. Jeder andere hätte
nicht einmal die Türme erkannt. Ich war auch nicht wie jeder andere!
Hinter mir hörte ich Schritte, aber ich drehte mich nicht
um. Es war Cam.
„Du sollst runter zum Rat kommen!“ Sprach er mich an.
Langsam stand ich auf. Mittlerweile konnte man mich kaum von den Anderen hier
unterscheiden, so braun war ich. Cam schaut mich verwundert an, sagte aber
nichts. Kein gutes Zeichen!
Unten angekommen, gingen wir in die Höhle in der vorher Neo
verschwunden war. Vier Männer und zwei Frauen saßen im Kreis und blickten mir
starr entgegen. Ward und Born lehnten an der Wand.
Neo sprach zuerst:
„Wir haben uns entschieden! Wir haben keinen Platz mehr im Lager und das Risiko
wäre zu hoch.“ Er schien zu erwarten das ich protestieren oder betteln würde.
„In Ordnung, gebt mir Proviant für einen Tag und ich bin weg!“ Kalt blickte ich
ihn an.
„Tut mir leid, aber das wäre Verschwendung! Du wirst keinen Tag da draußen
überleben. Wir werden dich mit verbundenen Augen wegschaffen und irgendwo
aussetzen.“ Ich blickte Ward daraufhin an.
„Du hast es ihnen nicht gesagt?“ Fragte ich ihn.
„Das wollte ich dir überlassen.“ Antwortete er mir. Ich blickte Neo an.
„Auch gut! Aber eines kann ich dir versprechen – sterben werde ich ganz sicher
nicht. Ich habe nämlich nicht 312 Jahre überlebt um dann auf diesem Sandhaufen
zu verrecken.“ Ich wandte mich ab und ging hinaus. Hinter mir hörte ich sie
reden, aber dafür hatte ich keine Zeit mehr, die zweite Sonne würde bald
untergehen und bis dahin musste ich noch ein Stück zurücklegen. Ward rief mich!
„Warte. Es tut mir leid, aber ich wusste nicht, wie viel ich ihnen hätte sagen
dürfen.“ Ich wandte mich um und seufzte:
„Ist schon gut. Ich komme auch allein zurecht und vielleicht ist es wirklich
besser so. Die Jäger sind hinter mir her und ich würde das Lager wahrscheinlich
wirklich in Gefahr bringen.“
„Und wo willst du hin?“ fragte er mich.
„Ich brauche einen Jet und da ich den hier nicht bekommen, muss ich mir einen
besorgen! Also werde ich mir einen der Überwachungstürme vornehmen, da werde ich
finden was ich benötige. Seid vorsichtig. Hier werden sie wohl zu erst nach mir
suchen!“ Ich drückte ihm die Hand und wandte mich ab.
Als sie außer Reichweite war, fragt Born:
„Wird sie wirklich überleben?“ Ward wandte sich um und seufzte:
„Wahrscheinlich länger als wir alle. Schließlich ist sie kein Mensch.“ Born
blickte ein wenig neugierig:
„Was ist sie dann?“
„Keine Ahnung!“ kam die Antwort.
4.
Überleben
Als es dunkel geworden war, wechselte ich die Richtung aus
Vorsicht, dass einer aus dem Lager mir folgte. Mein Ziel war der nördliche Turm,
ich hoffte der Gleiter war wieder weg und wenn nicht, umso besser. Mein Körper
hatte sich jetzt perfekt an die Umgebung angepasst, meine Sinne verrieten mir,
wo sich einige Tiere versteckt hielten, doch im Moment hatte ich keinen Hunger,
Waffen und ein Fahrzeug waren jetzt wichtiger.
Als ich den nächsten Gipfel erreicht hatte, musste ich leider feststellen, das
der Gleiter wirklich weg war und das ich den Turm erst in der nächsten Nacht
erreichen würde. Eine Gruppe Jäger schien auf der Ebene vor dem Turm zu lagern.
Ich legte mich ebenfalls hin und ruhte mich aus.
Als ein paar Stunden später die erste Sonne aufging, konnte
ich sehen, dass die Jäger das Lager abbauten und auf ihre Maschinen stiegen. Ein
Mann in Schwarz kam aus dem Turm und erteilte ein paar Anweisungen. Schnell ließ
ich mich auf den Boden fallen und schaute in den Himmel. Mein Gehirn leerte sich
sehr schnell. Einer meiner Schwachpunkte war, dass ich unvorbereitet von jedem
guten Telepathen ausgemacht werden konnte, da half nur völlige Entspannung! Nach
einer Weile hörte ich, wie sie Motoren anließen und blickte schnell wieder
hinunter, in der Hoffnung der Mann in Schwarz würde genug abgelenkt werden. Er
war gefährlich!
Und wirklich. Sie fuhren gerade los, 30 Jäger, der Schwarze an der Spitze. Ich
fühlte seine tastenden Sinne, doch diesmal war ich darauf vorbereitet. Er glitt
über mich hinweg.
Ich wartete noch eine gute halbe Stunde und machte mich dann auf den Weg zum
Turm.
Überleben! Eigentlich nicht so wichtig, aber man achtet
doch darauf. Ich genoss meine Freiheit zu sehr, um irgendein Risiko einzugehen.
Der Gedanke, lieber zu sterben als sich zu ergeben, war verlockend, aber er
entsprach nicht meinem Wesen. Ich wusste, das mein Schicksal nur eines für mich
vorsah, Ihn oder Freiheit! Dreihundertzwölf Jahre waren eine lange Zeit und ich
spürte wie er mich rief.
Ich erreichte den Ring um den Turm als die zweite Sonne
gerade aufging. Ich hatte mir Zeit genommen um gleichzeitig die Umgebung zu
erkunden. Es schien alles ruhig zu sein, zu ruhig. Der Wachposten am Ring war
kein Hindernis, aber ich wurde trotzdem unruhiger. Etwas ging vor und ich wusste
nicht was. Zermürbend. Aber ich musste weiter. Als ich endlich den Turm
erreichte, spürte ich seine Gedanken mit voller Wucht in meinem Kopf. 'Bleib, wo
du bist', donnerte es in meinem Gehirn. Mit voller Konzentration versuchte ich
die Sperre wieder aufzubauen, es war ein leichtes, doch jetzt wusste er, wo ich
war und für einen Moment hatte ich gesehen, was er sah. Er hatte das Lager der
Abtrünnigen gefunden und sie gefangen genommen. Verdammt! Ich wollte nicht, dass
sie damit hineingezogen würden, aber es war schon zu spät. Ich musste mich
abreagieren und trat die Tür ein! Eine große Titantür wohlgemerkt. Die
zurückgebliebene Einheit hatte ihre Waffen schon im Anschlag, sie waren also
vorgewarnt. Ich rannte auf die rechte Wand zu und sprintete sie hinauf, um
hinter ihnen wieder herunterzukommen. Ich war in Topform, allerdings war es
mühselig ihren Geschossen auszuweichen. Ich wusste nicht genau, ob die Waffen
scharf waren, oder ob es nur Lähmungsgeschosse waren. Beides war gleich
schlecht. Als die acht Männer vor mir auf dem Boden lagen, war ich noch nicht
mal außer Atem und meine Wut hatte sich abgekühlt. Die Treppe und den Aufzug
ignorierte ich, mich interessierten nur die Jets, die ich im Nebenraum fand. Ich
überprüfte die Energieanzeigen und entschied mich für stärkste, ein paar Waffen
noch und es ging wieder los. Es war ungewohnt, wieder auf einer Maschine zu
sitzen. Auf Ruor funktionierte kein Gerät länger als ein paar Stunden und die
Bergarbeiter mussten viel Energie in die Pflege und Erwärmung der Maschinen
stecken. Ich hatte mir noch ein Navigationssensor genommen und als ich die
ersten Bergausläufer erreichte, schaltete ich ihn ein. Ein großes Kommandoschiff
umkreiste den Planeten und vier Gleiter waren in der Atmosphäre unterwegs. Zwei
davon hielten direkt auf mich zu. Die anderen beiden waren auf dem Weg in das
Lager, ich ebenfalls.
Meine Schwäche: Mitleid! Er kannte mich zu gut.
wird fortgesetzt
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